Bremerhaven/Cuxhaven, 1. Februar 2017. Anlässlich des Endes der Sperrfrist für das Ausbringen von Gülle und Gärresten auf Grünland Ende Januar weisen jetzt die BUND-Kreisgruppe Cuxhaven und der BUND-Regionalverband Unterweser auf die zunehmende Gefährdung der Gewässer, der Gewässerlebensräume und des Grundwassers im Landkreis Cuxhaven durch das Übermaß beim Ausbringen von Wirtschaftsdünger hin. Flüsse und Seen, Bäche und Gräben sowie die Gewässerrandstreifen seien mit Gülle zu verschonen, fordern die BUND-Gruppen.
„Auch in der Nordsee haben die Belastungen wegen der Nährstofffrachten aus der intensiven Landwirtschaft zugenommen. Hier muss endlich ein Umdenken einsetzen. Von einem guten ökologischen Zustand seien die meisten unserer Gewässer weit entfernt“, erklärt Winfried Gusky vom BUND Unterweser. Bernd Quellmalz, BUND-Regionalgeschäftsführer Weser-Elbe ergänzt: „Mittlerweile ist es amtlich, wie sehr unsere Gewässer und das Grundwasser in Niedersachsen schon belastet sind.“ Die Bundesregierung bestätigte im letzten Jahr, dass sich in Niedersachsen 44 von 90 Grundwasserkörpern (49 %) in einem schlechten, chemischen Zustand befände. Die Situation bei Oberflächengewässern wie Flüsse und Seen sei nicht anders: 27 % von ihnen werden als mäßig, 44 % als unbefriedigend und 24 % sogar als schlecht eingestuft. „Dabei ist aber festzuhalten, dass nicht der Wirtschaftsdünger als solcher der Verursacher für die schlechten Zustände ist“, betont Gusky. So sei beispielsweise in der ökologischen Landwirtschaft ein maßvoller Einsatz gerade von Dung und Mist im Rahmen der Kreislaufwirtschaft nötig, um Mineraldünger zu ersetzen. Gusky: „Allein das Übermaß an Gülle führt zur Gewässerverschmutzung. Dies ist eine unmittelbare Folge der Riesenställe in Zusammenhang mit der Fütterung von importiertem Kraftfutter, der intensiv genutzten Monokulturen und des Ausbringens von zu viel Dünger.“
In Niedersachsen werden von der Landwirtschaft jährlich rund 80.000 Tonnen Stickstoff (N) und etwa 30.000 Tonnen Phosphat zu viel in Böden und damit auch in Gewässer eingebracht. Im Landkreis Cuxhaven wäre laut dem aktuellen Nährstoffbericht eine Minderung der Stickstoffmenge um 1.374 Tonnen erforderlich, um die Nitratkonzentration im Sickerwasser zumindest unter 50 mg/l halten zu können. „Das ist ein alarmierender Zustand. Die Nährstoffüberschüsse reichern sich im Boden und Grundwasser an und haben damit negative Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen und auch auf uns Menschen“, sagt Winfried Gusky. „Nur wenige Pflanzen können die hohen Güllefrachten vertragen. Es werden Monokulturen gefördert, die Artenvielfalt schwindet und die Klimakrise verschärft sich. Außerdem drohen die Einträge von Gülle und Gärresten aus Biogasanlagen als Wirtschaftsdünger sowie die zusätzlichen Einträge von chemischen Düngemitteln und Pestiziden das Grundwasser in der ganzen Region zu vergiften.“
Die Europäische Union bemängelt diesen Zustand schon seit langem: „Trotz der weiter hohen Nitratbelastung hat Deutschland keine strengeren Gegenmaßnahmen ergriffen. Dazu ist das Land laut geltendem EU-Recht jedoch verpflichtet. Die von der Bundesrepublik zuletzt im Jahr 2012 übermittelten Zahlen sowie mehrere Berichte deutscher Behörden aus jüngster Zeit zeigen eine wachsende Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer, einschließlich der Ostsee“. Der BUND Cuxhaven und der BUND Unterweser fordern daher eine sozial gerechte und ökologische Agrarpolitik. „Dafür brauchen wir eine Agrarwende weg von der industrialisierten Landwirtschaft hin zu einer vielfältigen ökologischeren Landwirtschaft“, so Bernd Quellmalz. „Damit würden auch die Flüsse und Seen und das Grundwasser geschützt.“ Hierzu müssten seiner Ansicht nach die Agrarsubventionen von der industriell geprägten auf die ökologische, vielfältige Landwirtschaft umgelenkt werden. Die Düngeverordnung müsse dahingehend überarbeitet werden, dass die Hoftorbilanz darin aufgenommen und auch die Nährstoffzufuhren über hoffremdes Kraftfutter berücksichtigt werden. Außerdem sei ein Plan zur Verhinderung von Gülleunfällen, die die Gewässer lokal stark beeinträchtigen, dringend erforderlich. Winfried Gusky weist schließlich darauf hin, dass vor kurzem selbst der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband eine Offensive für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft gestartet und einen anderen Umgang beim Einsatz von Wirtschafts- und Mineraldünger gefordert hat. Es sollten Initiativen zur Vermeidung von Dünge-Einträgen in Gewässer begonnen werden, und die Gewässerentwicklung im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie sei voranzubringen, so der Landwirtschaftsverband.
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